Redebeiträge

Redebeitrag – „Weda Elysia“

In unmittelbarer Nachbarschaft zu Thale befindet sich Wienrode. Knapp 900 Einwohner*innen zählt das Dorf. Unter den Dorfbewohner*innen befinden sich auch M. Schulz sowie A. Palitzsch-Schulz, das Gründungspaar des lokalen Ablegers der in der Öffentlichkeit als „rechts-esoterisch“ bezeichneten „Anastasia-Bewegung“. Dieser Ableger bezeichnet sich selbst als „Weda Elysia“ und ist seit 2009 aktiv.

Die „Anastasia-Bewegung“ wurde vom russischen Autor Vladimir Megre begründet. Dieser legte das Fundament dieser Bewegung mit der Anastasia-Romanreihe. Diese Romane sollen als Handlungsleitfäden zur Lebensführung dienen und sind gefüllt mit altertümlichen Familienbildern, Rassismus, Antisemitismus, verschwörungsmythologischen Anschauungen sowie mit schamanisch-esoterischen Versatzstücken.

Wirft man nun einen Blick auf die Website des Anastasia-Ablegers wird man von einem idyllisch gezeichnetem Waldhäuschen begrüßt, umrandet von einem Herz, hinterlegt mit allerlei Grünzeug und unter der Überschrift „Weda Elysia – Eine Gärtnerhof-Kleinsiedlung für FamilienStammesLandsitze im Harz“. Sieht vorerst harmlos aus, ist es aber nicht.

Wagt man nun einen Blick in den  Büchershop der Harzer Volkssiedler*innen bekommt man ein noch  näheres Bild der ideologischen Verfasstheit von „Weda Elysia“. Valdimir Megre, auf dessen Büchern die Anastasia-Bewegung, wie eingangs erwähnt, beruht, welche im verlinkten Shop verkauft werden, spricht davon, dass die Welt seit Jahrhunderten von einem jüdischen Oberpriester regiert würde, dieser habe die Juden wie eine Art Roboter dazu programmiert, gierig zu sein und Verschwörungen anzuzetteln, dementsprechend hätten die imaginierten Jüd*innen dann auch eine ewige Schuld am Leid der Welt. Die Shoah wäre laut Megre die direkte Konsequenz ihrer Handlungen sowie ihrer vom Oberpriester gegebenen Natur. Antisemitismus in einer seiner deutliches Ausprägungen also. Natürlich ist das nicht das einzige bekämpfens-und verachtenswerte ideologische Element der Anastasia-Volkssiedler*innen, aber eines, was am deutlichsten ausdrückt, mit wem und was man es im Allgemeinen zu tun hat.

„Weda Elysia“ ist drauf und dran eine alte Gaststätte im Dorfzentrum zu renovieren, getauft haben sie das Projekt „Haus Lindenquell“. Gedacht ist es als Veranstaltungsraum, wobei es als ideologische Schmiede dienen soll. Stattfinden sollen Vorträge und Seminare, weiterhin soll es ein Ort für allerlei Kulturgüter aus dem rechtsradikalen Anastasia-Umfeld werden, damit gemeint sind beispielsweise germanische Rituale und Tänze. In Wienrode veranstalteten sie 2019 den „Julmarkt“. Händler aus der Region verkauften dort ihre Waren, auch der Elbingröder Heimatchor hatte dort einen Auftritt. Er besteht zum Teil aus Mitgliedern von „Weda Elysia“. Daran sieht man auch den Zusammenschluss von Zivilgesellschaft und Siedler*innen. Zu diesem Zeitpunkt gab es den ersten Protest gegen die volksgemeinschaftliche Zusammenkunft. Die Reaktion erfolgte dann auch prompt. Sechs Fahrzeugen, welche Kritiker*innen der Nazi-Siedler*innen gehören, wurden die Reifen zerstochen. Hier einmal ein Dank & Solidarität an die Kritiker*innen.

Weiterhin veranstaltet „Weda Elysia“ auch Volkstänze, diese lässt man im Gasthof Reddeburg in Reddeber stattfinden. Gäste bei diesen Veranstaltungen waren beispielsweise lokale Aktivisten der Identitären Bewegung. Genannt sei dabei Florian Müller, welcher im ehemaligen Hausprojekt des Hallenser Ablegers der Identitären Bewegung wohnte, wo unteranderem der AfD-Landtagsabgeordnete Tillschneider ein Abgeordnetenbüro unterhielt.

Lokal sind sie also vernetzt und gut in die Dorfgemeinschaft integriert, jedenfalls scheint es so.

Allerdings bemüht sich die Gruppe „Weda Elysia“ auch überregional. So betreiben sie, wie eingangs erwähnt, einen Online-Büchershop, aber auch eine Telegram-Gruppe, wo sie mit „Rat und Tat“ zur Seite stehen, wenn es um Volkssiedler*innen-Thematiken geht.

Einer der umtriebigsten Neo-Nazis Sachsen-Anhalts, Steffen Hupka, in der Nähe von Halle in Hohenthurm wohnend, ist bei „Weda Elysia“ ein gern gesehener Gast und nicht nur das. In Timmenrode leben sechs „Weda Elysia“ Mitglieder in einem von Hupka vermieteten Haus. Um auch nochmal ein Bild von Hupkas Weltanschauung zu bekommen, empfiehlt es sich, einen Blick in das Heft „Neue Wege“ zu werfen. In seinem Heft beschreibt er, dass das deutsche Volk nur noch in kleinen, wehrhaften Gruppen- und Siedlungen überleben kann. Dort müsse es alles daran setzen, sich zu vermehren, um das deutsche Volk am leben zu halten. Er entwirft Kriterien, wie diese Zusammenrottungen strukturiert sein müssen. Zum Beispiel benötigen die sogenannten „nationalen Wehr- und Siedlungsgemeinschaften“ ein gefestigtes nationalsozialistisches Welt- und Menschenbild, wichtig sei auch eine „genetische“ Gesundheit. Alleine das dürfte zeigen, was für einen treuen Freund „Weda Elysia“ mit Hupka gefunden hat. Hupkas nationalsozialistische Kleinfamilienidylle in Hohenthurm wurde am 9. Juli 2020 gestört. Die Polizei untersuchte unteranderem Hupkas Immobilien, aufgrund eines Verdachts der Einfuhr illegaler Waffen aus Kroatien. Die Tatverdächtigen sind zwischen Reichsbürgerszene und bayrischer AfD zu verorten. Laut der Aussage eines Zeugen aus Kroatien seien die Waffen „für die AfD“ bestimmt gewesen.

Zudem nahmen „Weda Elysia“ Mitglieder an einem deutschlandweiten Neo-Nazi Treffen 2018 im sächsischen Bischofswerda teil. Es gab auch Darbietungen der „Laienspielgruppe Friedrich Schiller“, eine Zusammenstellung von Angehörigen verschiedener völkischer Jugendbünde, diese probten im Vorfeld ihre Auftritte im thüringischen Marlishausen. In Räumen, wo auch die Identitäre Bewegung des Öfteren anwesend war. Festzuhalten ist also, dass Nazi-Siedler*innen aus Wienroda in ganz Deutschland gut vernetzt sind.

Wie gezeigt wurde und entgegen der Eigendarstellung, sind die „Weda Elysia“ Siedler*innen keine einfachen Existenzbegründer*innen, die doch nur harmlos auf Harzer Wiesen rumtanzen wollen, während sie sich mit irgendwelchen Germanen verbunden fühlen und ansonsten im Schrecken der vormodernen Familie vor sich hin leben. Sie sind als Nationalsozialist*innen zu bezeichnen, als Rassist*innen, Antisemit*innen und Verschwörungsmytholog*innen, die in der wohligen Wärme der Dorfgemeinschaft mit breiter lokaler und überregionaler Unterstützung ihrer ideologischen Brüder und Schwestern alles daran setzen, dass die gesellschaftliche Regression weiter ihren Lauf nimmt.

Unsere vollste Solidarität gilt den Leuten vor Ort, die sich gegen die Nazi-Siedler*innen engagieren und dementsprechend in deren Visier gelangen.

Gegen die „Anastasia-Bewegung“ und ihre Exponent*innen! „Weda Elysia“ und ihren Kollaborateur*innen den Kampf ansagen!

Redebeitrag – Kollektiv IfS dichtmachen 

Wir sind das Kollektiv „IfS dichtmachen“ und befassen uns insbesondere mit dem sogenannten Institut für Staatspolitik sowie den weiteren neurechten Strukturen um Götz Kubitschek und co. Zwar sind diese im kleinen Ort Schnellroda im Saalekreis ansässig, doch reichen die Netzwerke und Einflusssphären weit darüber hinaus.
Deshalb möchten wir hier in Thale die Verbindungen zwischen dem IfS und der rechten Szene im Harz thematisieren. Dabei geht es keineswegs nur um die ideologischen Einflüsse, die auf die großen Mengen an Publikationen aus Schnellroda zurückzuführen sind. Denn auch personell gibt es viele Verbindungen, auf die ein antifaschistischer Blick geworfen werden muss.
Das Institut für Staatspolitik mit den quasi dazugehörigen Publikationsorganen Sezession und Verlag Antaios ist nämlich nicht nur eine – angeblich wissenschaftliche – Denkfabrik für die sogenannte Neue Rechte, auch wenn die Akteur:innen das gern so darstellen. Mindestens genauso wichtig wie die Ideologieproduktion bzw. -reproduktion ist die Funktion als Knotenpunkt für Netzwerke der Neuen Rechten. Sowohl die sogenannten Akademien, die regelmäßig in Schnellroda stattfinden, als auch die zahlreichen, langjährigen Kontakte Kubitscheks in die rechtsradikale Szene hinein, haben dazu geführt, dass das IfS regional, deutschland- und europaweit nicht mehr aus der Neuen Rechten wegzudenken ist.
Doch welche Verbindungen lassen sich nun zur rechten Szene im Harz fassen?
Zunächst sind die AfD und die Identitäre Bewegung zu nennen. Es ist mittlerweile bis in das bürgerliche Spektrum hinein bekannt, dass viele der Inhalte und Strategien der AfD auf das IfS zurückzuführen sind und es eine enge Zusammenarbeit gibt. Die Identitäre Bewegung wurde sogar maßgeblich von Götz Kubitschek entwickelt und initiiert. Auch wenn sie inzwischen an Bedeutung verloren hat, gibt es dennoch weiterhin aktive Kader und auch ehemalige Kader haben ihrer rechten Gesinnung nicht abgeschworen. Dass die Identitären im Harz noch einigermaßen aktiv sind, zeigt sich z. B. an regelmäßigen Teilnahmen an Protesten gegen die Corona-Maßnahmen im Ostharz.
Eng verknüpft mit der IB ist die Initiative „Ein Prozent für unser Land“. Im Harz tritt diese vor allem im Rahmen des Projektes „Netzwerk Landraum“ auf, welches versucht Spenden und Investitionen für völkische Siedlungsprojekte zu akquirieren. Wie viel Geld bislang
zusammengekommen ist und wo es hingeflossen ist, ist unklar. Allerdings finden sich
passenderweise viele Sticker der Kampagne in Wienrode, einem Ortsteil von Blankenburg.
Dort ist seit 2009 die Gruppe „Weda Elysia“ ansässig, die der Anastasia-Bewegung und damit der völkischen Siedlerszene angehört. Ein weiteres Wohnhaus der Gruppe befindet sich in Timmenrode, in Quedlinburg und Pansfelde gibt es ebenfalls Projekte. Zwar hat die Gruppe um das Gründungspaar Maik S. und Aruna P. noch kein „Familienlandsitz“ genanntes Gehöft für die völkische Gruppe einrichten können, dennoch gibt es einige andere besorgniserregende Vorhaben, wie die Renovierung einer ehemaligen Dorfkneipe, die zu einem Veranstaltungshaus namens Haus Lindenquell umgebaut worden ist. Hier ist eine Strategie erkennbar, die typisch für die Neue Rechte ist: nach außen hin will man friedlich, bürgerlich und engagiert wirken – um so einen Fuß in der Tür zu haben für radikalere Positionen. In letzter Zeit nehmen Mitglieder der Gruppe an den großen Protesten gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen teil und zeigen dabei eine Nähe zum rechtsradikalen Nikolai Nehrling.
Die Gruppe „Weda Elysia“ richtet regelmäßig Volkstanz- und Julmarkt-Veranstaltungen aus, vor allem in Wienrode und Reddeber. Dabei offenbaren sich rechtsradikale Tendenzen z.B. im Liedgut: unter anderem werden nämlich nationalsozialistische Lieder und Gedichte zum Besten gegeben.
Hierbei spielt der sogenannte Neofolk eine tragende Rolle. Neofolk wurde von der IB verstanden als rechte Alternative zum Pop und auch in der Sezession finden sich Lobeshymnen auf diese achso alternative Musikrichtung – natürlich konnte niemand außerhalb der Szene nennenswerten Erfolg damit verbuchen, aber innerhalb der rechten Szene nahm damit die Bedeutung zu. So war die Neofolk-Sängerin mit dem Künstlernamen „Stimme der Heimat“ vormals bei den Identitären aktiv und steht nun der Gruppe „Weda Elysia“ nahe. Inhaltlich gibt sich der Musikstil naturnah, ist jedoch hauptsächlich anti-modernistisch, völkisch, neuheidnisch – und basiert oft auf NS-Liedgut. Damit ist diese Musik wie für die Ziele der Neuen Rechten geschaffen: sie stellt sich als etwas Neues dar, das sich gegen die Moderne stellt – und transportiert dabei, möglichst unterschwellig, faschistisches Gedankengut. Zu der sachsen-anhaltischen Neofolk-Szene gehört der Sänger Uwe Nolte, der schon lang aktiv ist und viele Kontakte hat, zum NSU-Umfeld, zur ehemaligen Kontrakultur Halle, zu Götz Kubitschek.
Er ist Teil des Neofolk-Kollektivs „Orphischer Kreis“ und nahm z. B. an einem Konzert anlässlich der Wintersonnenwende 2019 in der Kreuzmühle in Rübeland teil. Dort war auch die rechtsradikale, neuheidnische Gruppe „Wölfe Nordland“ bzw. „Wolfskult“ aktiv, welche sich auf die internationale „Operation Werewolf“ bezieht. Auch in Questenburg wurden 2019 Mitglieder der „Wölfe Nordland“ zusammen mit Mitgliedern des „Orphischen Kreises“, unter anderem Uwe Nolte, beobachtet. In diesem Dorf im Südharz befindet sich der sogenannte Questenbaum, ein geschälter Eichenstamm mit aufgesetztem Kranz, der in Verbindung mit germanischer Mythologie gesetzt wird – natürlich ohne wirklich fundierten Hintergrund – und jedes Jahr beim Pfingstfest Mittelpunkt eines pseudogermanischen Rituals wird. Neben Nolte unterstrich auch die Anwesenheit des Hallenser IB-Kaders Torsten G. eine Nähe zu Halle und Schnellroda.
Erschreckend ist, dass bei diesem Fest in Questenburg die Dorfbewohner:innen Seite an Seite mit den extrem rechten Neuheid:innen feiern, und dass Jens Lange, der aus Noltes Umfeld stammt, für die AfD in den Ortschaftsrat gewählt wurde. Er saniert aktuell eine alte Dorfschule, die zu einem rechten Veranstaltungsort werden soll und leitet außerdem das Wahlkreisbüro für Björn Höcke. Uwe Nolte, der wie gesagt ein Bekannter Kubitscheks ist und enge Kontakte mit der Hallenser IB pflegte, weist darüber hinaus Verbindungen zu der völkischen Gruppe „Junge Landsmannschaft Ostdeutschland“ auf. Ein Zentrum dieser Gruppe ist der Harzhof in Steinbrücken, Abberode, im Südharz. Claudia S., die Frau des Gruppenchefs Christian S., gehört Noltes Umfeld an und widmete dem damals flüchtigen NSU-Trio ein Lied. Bei dieser Gruppe war neben dem Neonazi-Urgestein Steffen Hupka auch Götz Kubitschek bereits zu Gast.
Eine weitere direkte Verbindung findet sich beim ehemaligen IB-Kader Armin Ernst D., der, bevor er 2018 zu einer rechten öko-esoterischen Familie im Nordharz zog, in Schnellroda bei Kubitscheks wohnte.
Die älteren Kinder von Ellen und Götz Kubitschek wurden bereits mehrmals bei „Volkstanz“- Festen beobachtet, allerdings noch nicht im Harz – aber hieran zeigt sich erneut, dass die Kubitschek-Familie der Ideologie der völkischen Siedler:innen positiv gegenüber steht.
Es fällt also auf, dass insbesondere Festveranstaltungen mit Tanz und Neofolk-Musik sowohl IB-Kader, die mittlerweile oft eigene Familien haben, als auch die völkische Szene, wie z.B. Artgemeinschaftsgruppen, anlocken – diese scheinbar harmlosen Events fungieren also als Zusammenkünfte, wo sich verschiedene rechte Kleinstszenen miteinander austauschen und vernetzen können.
Dabei ist nicht verwunderlich, dass dies von Kubitschek gutgeheißen und unterstützt wird: denn er vertritt die von ihm als „Mosaik-Rechte“ bezeichnete Strategie. Dabei geht es darum, dass nicht jede rechte Strömung ein deckungsgleiches Weltbild vertreten muss, sodass keine ideologischen Konflikte ausgetragen werden brauchen, solang es sich eben um eine rechte Ideologie handelt. Und die verschiedenen Siedlungsgruppen verfolgen viele der Kernideen von Kubitschek und co., wie bspw. reaktionäre, extrem rechte Familienmodelle, die die „Reinheit“ und den Fortbestand des deutschen Volkes aufrecht erhalten sollen. Um in das bürgerliche Spektrum hinein zu agitieren und gleichzeitig Orte zur Vernetzung zu schaffen, sollen eigens sanierte Immobilien und volksfestartige Veranstaltungen genutzt werden.
Für uns Antifaschistinnen und Antifaschisten heißt das in der Konsequenz: ob im Harz, in
Schnellroda oder sonst wo – völkischen Strukturen den Kampf ansagen!

Politische Kämpfe jenseits von Sicherheitsbehörden

In der Pandemie sehen wir uns als radikale Linke mit einer Zunahme des staatlichen Gewaltmonopols und einem ausgeprägten Klassencharakter konfrontiert. Dabei sind die zugespitzten Verhältnisse durch den Kapitalismus, das Patriarchat und der politische Kampf gegen Faschist*Innen nichts neues. Aber durch Covid wurden die Themengebiete stets erweitert, marginalisierte Gruppen und das Gesundheitswesen brauchen unsere Aufmerksamkeit und Solidarität mehr denn je. Doch die rapide Entwicklung hat gezeigt, dass wir alle schnell an unsere Grenzen kommen können. Vieles wirkte überfordernd, schöpfte unsere Kapazitäten aus und ließ uns ratlos zurück. Trotz alledem ließen es sich die Sicherheitsbehörden nicht nehmen unsere Strukturen und Individuen anzugreifen. Der Verfassungsschutz behauptet, dass Solidaritätsnetzwerke „linksextremistisch” seien und es wird versucht, linken Protest weiter zu kriminalisieren.

Der Staat gibt sich alle Mühe, unsere Kämpfe zu unterbinden. Monatliche Razzien und willkürliche Repression zeugen vom alltäglichen Versuch, uns systematisch einzuschränken und zu unterdrücken. Vor allem an der Antifaschistin Lina wird ein Exempel statuiert, dass den politischen Standpunkt der Sicherheitsbehörden verdeutlicht. Angebliche Straftaten werden als Staatsaffären dargestellt und Alltagsgegenstände wie ein Hammer werden als Beweismittel inszeniert. Während Nazis Menschen ermorden, Todeslisten schreiben und Migrant*Innen verprügeln, feiert die Soko LinX in Sachsen einen vermeintlichen Meilenstein im Kampf gegen einen angeblichen Linksterrorismus. 

Es zeigt sich, dass wir uns weder auf den deutschen Staat, die Polizei noch Politiker*Innen verlassen können. Wir haben nicht vor, auf Handeln der Sicherheitsbehörden zu warten. Auf einen Staat zu setzen, der den NSU mit aufgebaut hat, ist aussichtslos. Wir müssen den Kampf gegen Rechts mit eigenen Mitteln führen. Es bedarf jeder Form an Aktivismus, um gegen den Rechtsruck in diesem Land stand zu halten. Ob es Recherchen, friedliche Demonstrationen oder brennende Nazihäuser sind, wir verurteilen keine Aktion, die aktiv unseren politischen Kampf trägt und solidarisieren uns mit allen betroffenen von rechtem Terror und Repression. Nie wieder wollen wir uns dazu veranlasst sehen, um Tote zu trauern.

Je aktiver die Nazis und die Repression des Staates werden, desto deutlicher wird auch unsere Antwort sein. Die Zeiten, in denen wir uns angreifen und einschüchtern lassen haben, sind vorbei. Wir haben gelernt, dass Angriff die beste Verteidigung ist. Wenn Nazis und Staat schon bei Mini-Röcken und Hämmern Angst bekommen, wird Ihnen unsere komplette Antwort nicht gefallen. Wir werden unsere Kämpfe weiter führen. Intersektional feministisch, antifaschistisch und militant. Denn je mehr ihr uns angreift und nach Macht strebt, desto mehr werdet ihr die Konsequenzen eures Handelns zu spüren bekommen. Und wir werden eine brutale Konsequenz sein.

Für einen offensiven Aktivismus – Linke Politik verteidigen!

NIKA Sachsen

Kritisches Statement zum Verhalten von Maik Zedschack, dem zukünftigen Bürgermeister von Thale. im Zussammenhang mit unserer Demonstration am 22.05.2021 in Thale

Für den 22. Mai 2021 organisierten wir als linksradikaler und antifaschistischer Zusammenschluss „No Discussion“ eine antifaschistische Demonstration in Thale im Nordharz. Hintergrund der Veranstaltung waren gewalttätige Übergriffe auf lokale Antifaschist*innen und die von örtlichen Neonazis offen formulierten und öffentlich lesbaren Morddrohungen im Stadtgebiet. Ein weiteres Argument, welches für die Mobilisierung nach Thale sprach, ist die bisher noch immer schweigende Mehrheit der Stadtgesellschaft, welche diese Vorgänge beharrlich totschweigt und in keinster Weise daran denkt, die Vorgänge öffentlich zu thematisieren, oder den Opfern der faschistischen Gewalttaten wenigstens Unterstützung anzubieten.

In diese Reihe schmiegt sich der Bürgermeister in spe ganz wunderbar ein. Herr Zedschack „warnte“ zwar in einem Post auf seiner offiziellen Facebookseite vor unserer Versammlung, erwähnte dort aber mit keiner Silbe, welche widerlichen Taten, u.a. begangen von seinen Mitbürger*innen, diese zum Anlass nahm. Thales zukünftiger Bürgermeister beschwert sich lieber über abgerissene Wahlplakate seiner Partei (CDU), als darüber, dass in „seiner“ Stadt überall verbotene rechtsextreme Symbole und sogar Mordaufrufe mit den persönlichen Daten der Opfer zu sehen sind.

Ebenso perfide, wie sein Umgang mit rechtsextremer Gewalt und Morddrohungen, scheint auch seine Einstellung zum Datenschutz und dem Schutz zukünftiger Opfer rechtsextremen Terrors zu sein. Herr Zedschack missbrauchte sein Wissen um die Namen von Teilnehmer*innen und auch die der Versammlungsleitung und gab diese ohne Umschweife öffentlich in den sozialen Medien preis.

Mit diesem Verhalten leistet Herr Zedschack, ebenso wie die Mehrheitsgesellschaft in Thale, rechten Umtrieben Vorschub und sorgt dafür, dass Linke und antifaschistisch aktive Menschen in Thale, „ihre Haut auch zukünftig teuer zu Markte tragen müssen“. Wir werden die Situation in Thale weiterhin sehr genau beobachten, die Antifaschist*innen in der Region bestmöglich unterstützen und schließen nicht aus, auch zukünftig vor Ort zu intervenieren.

No Discussion

Redebeitrag vom Offenen Antifaplenum Halle (OAP)

Liebe Genossinnen und Genossen,

die Inzidenzwerte sinken, die Corona-Impfungen kommen auch hierzulande so langsam mal in Fahrt und zu guter Letzt wird auch das Wetter wieder besser – zumindest in Hinsicht auf die Coronapandemie herrscht Aufbruchsstimmung und ein gewisses Gefühl der Erleichterung setzt ein.

Zu Beginn dieser Pandemie hielt sich der Großteil aller Spektren von linksradikal bis linksliberal an das staatliche Krisenmanagement oder übertraf es sogar; Hashtags wie #staythefuckathome und  soziale Ächtung bei Nichteinhalten der neuen Regelungen waren Tagesordnung und scheinbar einzige Praxis.

Der Staat mit seinen Pandemiemaßnahmen galt und gilt vielen Linken als Garant einer gesellschaftlichen Gesamtvernunft; als Institution, die auf den Schutz ihrer Bürger ziele. Verschärft wurde diese Wahrnehmung durch die Frontstellung gegen die vermeintlichen Staatskritiker in der Querdenkerbewegung. Zurecht wollte man sich mit den Verschwörungswahnis nicht gleichmachen, arbeitete sich aber fast dankenswerterweise an ihnen ab und vergaß dabei eigene staats- und kapitalismuskritische Positionen zu formulieren.

Denn die Coronakrise legt wie jede andere Gesellschaftskrise die wahre Zielsetzung, die wahre Existenzgrundlage des Staates offen. Dazu muss man sich nur anschauen, wo der Staat eingreift, wo er Veränderungen durchsetzt, und in welchen Bereichen dagegen business as usual herrscht. Fast sämtliche Freizeit- und Vergnügungsmöglichkeiten wurden eingestampft, während bei Amazon, Tönnies oder auf den Spargelfeldern Schulter an Schulter geschuftet werden musste und muss.
Bis April diesen Jahres war es für Arbeitgeber ja noch nicht einmal verpflichtend ein Testangebot für ihre Angestellten bereitzustellen. Wer sich aber nach 22 Uhr auf der Straße erschwischen ließ, durfte mehrere hundert Euro Strafe blechen.

Virologisch oder epidemiologisch ist dieser Unterschied nicht zu erklären. Linke sollten wissen, dass die Hauptaufgabe des Staates der Schutz des Privateigentums ist, also die Bereitstellung eines geordneten Rahmens für die kapitalistische Wirtschaft.

Die Genossinnen und Genossen der AG No Tears for Krauts ergänzten dazu: „Weil die Versuche, die Pandemie einzugrenzen nur bedingt Wirkung zeigten, tendiert der Notstandsapparat zu Verzweiflungstaten. In Verwaltungsmaßnahmen wie beispielsweise der Ausgangssperre zeigen sich jene Allmachtsgelüste, zu denen der Staat insbesondere in Krisensituationen neigt. Die Exekutive, die Verwaltung und ihre Planspiele tendieren dazu, sich zu verselbstständigen.“ (1)

Ginge es dem Staat mit seinen zum Teil wirklich sinnentleerten Maßnahme um den Schutz jedes Einzelnen, gäbe es auch ernsthafte Ansätze, die massiven psychischen und physischen Folgen des Privatlockdowns abzumildern. Z.B. hätten von Beginn an Patente für erprobte Impfstoffe ausgehebelt oder das Aussetzen von Mietzahlungen beschlossen werden können.
Stattdessen trifft die Krise wieder mal diejenigen am härstesten, die sowieso schon von den aktuellen Zuständen am meisten gebeutelt sind: Sozialschwache, Migranten, Frauen usw.
Die Berliner Gruppe en arrét ordnet richtigerweise ein, dass die sogenannte Corona-Managing-Class (2), zu der auch ein Gros der heutigen Demoteilnehmer gehören dürfte, durchaus weniger Probleme mit Homeoffice in einer sanierten Altbauwohnung hat, als die alleinerziehende Kassiererin aus der Platte in Magdeburg-Olvenstedt oder Halle-Neustadt.

Das eingangs beschriebene Gefühl der Erleichterung trübt also, wenn weiterhin abgeschoben wird, aus der Wohnung geschmissen wird oder es im Supermarkt oder der Pflege Applaus anstatt einer längst überfalligen Lohnerhöhung gibt.

Wir müssen als Linke in solchen Momenten solidarisch an der Seite der Betroffenen stehen und diese Schweinereien behindern und skandalisieren.
Wir müssen Erklärungen bieten, weshalb die Gesamtscheiße zu verändern ist, aber kleine Siege im Kampf gegen den kapitalistischen Alltagswahnsinn trotzdem konkrete Verbesserungen bedeuten.
Wir müssen Nazis und andere Arschlöcher bekämpfen und sie in ihre Schranken weisen, ohne zu vergessen, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse immer wieder solche Menschenfeinde produzieren werden, wenn wir sie unangetastet lassen und ausschließlich Feuerwehrpolitik betreiben.
Wir müssen Stichworte wie Enteignung oder Besetzung wieder auf die tagespolitische Landkarte setzen und sie mit Bedeutung und Praxis beleben.
Wir müssen uns organisieren, z.B. in Basisgewerkschaften oder in solidarischen Nachbarschaftsgruppen, um uns über unsere Bedürfnisse klarzuwerden, sie miteinander abzustimmen und um unseren Forderungen realen Nachdruck zu verleihen oder sie vielleicht sogar irgendwann selbst realisieren zu können.

Denn eins ist sicher: Der Staat wird uns diesen Gefallen nicht erfüllen.
Danke für eure Aufmerksamkeit.

Offenes Antifaplenum Halle, Mai 2021

(1) http://nokrauts.org/2021/04/shutdown-des-denkens/ (2) https://enarret.wordpress.com/2021/02/02/corona-managing-class/